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Kangchung Shar 6.063 m - Zdeněk Hák

25. Mai 2021

Ein weiterer großer Erfolg für die Ambasador von Direct Alpine! Zdenda "Hacek" Hak schaffte eine weitere Himalaya-Erstbesteigung!

Kangchung Shar 6.063 m - Zdeněk Hák

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Nach der vergangenen „Erholungssaison“ war der Drang der meisten von uns in die Berge wirklich gewaltig. Größere Pläne haben wir jedoch auch in diesem Jahr vorerst noch ruhen gelassen. Die Pandemielage ist weltweit immer noch nicht allzu gut, und so sind auch unsere Pläne etwas bescheidener. Zusammen mit Martin sind Banán und ich gemeinsam mit der Trekkinggruppe von Honza Trávníček "Tráva" mit dem Vorhaben von Tschechien nach Nepal gereist, uns für ein paar Tage auszukoppeln und auch etwas zu klettern, wenn sich die Gelegenheit dazu bieten sollte. Noch daheim hatten zwei Berge unweit unserer Trekkingroute auf den ersten Blick mein Interesse geweckt, und zwar Kangchung Shar und Kangchung West, beziehungsweise Cholo und Mount Abi. Zwei schöne Berge eher alpinen Charakters, die mehr durch ihre perfekte Form und enorme Steilheit beeindrucken als durch ihre Höhe. Ein wenig wie zwei Matterhornbrüder nebeneinander, nur noch um weitere 2000m höher. In Katmandu kaufen wir also eine Genehmigung für den Kangchung West. Seine Nordwand sieht sehr gut aus und zudem stelle ich fest, dass hier vor einigen Jahren auch der Versuch einer tschechoslowakischen Erstbesteigung stattgefunden hat.

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Nepal ist dieses Jahr absolut touristenfrei und wirkt ein wenig wie eine Geisterstadt. Die meisten Lodges bleiben geschlossen und die Nepalesen sind noch etwas gastfreundlicher als gewöhnlich. Wir haben eine hervorragende Truppe und so läuft alles wie am Schnürchen. Ich fühle mich gut und es scheint mir, dass ich mich auf einer Höhe von etwa 4000m besser bewegen kann als sonst. Nach der Ankunft in dem Dorf Dhole kommt jedoch der Umschwung. Morgens habe ich Kopfschmerzen, die ich bis ans Ende der Expedition nicht mehr loswerde. Ich bekomme Durchfall und fühle mich physisch insgesamt miserabel. Nach der Ankunft in Gokyo verschlechtert sich zudem das Wetter und es beginnt zu schneien. Martin beschließt, dass er bei Tráva und dessen Gruppe bleibt und mit ihnen zum Sechstausender Lobuche East aufbricht. Zum Kangchung gehen wir also nur zu zweit, Banán und ich. Zwei Tage lang sitzen wir in der Hütte und schauen zu, wie die Schneedecke immer dicker wird. Nach zwei Tagen bessert sich das Wetter aber doch noch und unsere Wege trennen sich. Wir helfen Tráva und seiner Gruppe noch den Weg über den Gletscher nach Dranang zu spuren. Es sind gute vierzig Zentimeter Neuschnee gefallen, was die Sache ganz schön anstrengend macht. Es ist klar, dass es unter diesen Bedingungen eine Herausforderung sein wird, auch nur zum Fuß des Berges zu gelangen!

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Am nächsten Tag packen wir die Rucksäcke und machen uns am späten Nachmittag von Gokyo aus auf den Weg über den Ngozumba Glacier zu unserem B.C., das wir am Seitengletscher Gaunara Glacier aufbauen möchten. Der tiefe Schnee erschwert uns das Vorwärtskommen, und so sind wir gezwungen, einmal zu biwakieren. Am nächsten Tag stehen wir am frühen Nachmittag unter den Nordwänden und bauen unser kleines Zelt auf einer Moräne etwas oberhalb des Gletschers auf. Morgen werden wir unser Kletterzeug direkt unter die Wand tragen und uns die Bedingungen direkt vor Ort ansehen. Übermorgen klettern wir los… so sieht der Plan aus!

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Am Morgen fühle ich mich nicht gut, ich habe Halsschmerzen und bin schwach. Dennoch stehe ich auf und packe das Klettermaterial in den Rucksack. Ich bin etwas nervös und Banán gegenüber ein wenig gereizt! Das liegt an der Verfassung… ich warte nicht einmal auf meinen Seilpartner und gehe etwas genervt los. Es geht mir schlechter und schlechter, ich bin in kaltem Schweiß gebadet. Schließlich gebe ich es auf!! Ich halte an und schütte den Rucksackinhalt demonstrativ auf dem Boden aus. Ich schmeiße den Skistock auf die Steine und verschwinde ohne ein Wort im Zelt. Ich bin schrecklich, schrecklich enttäuscht! Vor allem wegen Banán…. Er ist nämlich von klein auf eine Art Seelengefährte von mir. Zu Schulzeiten sind wir gegeneinander im Skifahren angetreten, haben gemeinsam trainiert, sind in die gleiche Schule gegangen, später haben wir dann mit dem Klettern angefangen, im Böhmischen Paradies und in der Tatra, wir sind zusammen im Zweierteam den tschechischen Skitourencup gefahren… und haben viel Unfug angestellt… er ist einfach einer meiner besten Freunde und jetzt habe ich ihn hier ins Himalaya geschleppt! Ich muss wieder auf die Beine kommen!!! 

Ich liege weitere zwei Tage im Zelt und unsere Zeit neigt sich allmählich dem Ende zu. Wir haben Essen für sechs Tage gepackt, das gute Wetter geht langsam zu Ende, mein Zustand verbessert sich nicht und Banán meldet zudem sehr schlechte Bedingungen direkt in der Wand. Wenn wir morgen nicht aufbrechen, dann war’s das. Wir denken uns einen Alternativplan aus. Wir werden versuchen den Kangchung Shar zu besteigen. Egal wie und egal wo lang. Von Norden her hat es bisher noch niemand geschafft. Beziehungsweise es gab nur einen erfolglosen britischen Versuch vor etwa fünf Jahren. 

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Am Morgen fühle ich mich akzeptabel, und so brechen wir auf. Ich bin zwar schwach wie eine Fliege und meine Beine zittern, aber ich fühle mich nicht krank. Nach eineinhalb Stunden stehen wir vor dem Einstieg. Wir diskutieren den Routenverlauf und klettern los. Rampen, Verschneidungen, kleine Überhänge und hartes Eis, das alles steht heute auf dem Tagesprogramm. Sobald ich mich an die Eisgeräte hängen soll, fühle ich, wie meine Kräfte dahinschwinden. Auf körperlich anstrengenden Abschnitten muss Banán als Erster gehen und mir den Weg spuren. Gegen zwei Uhr nachmittags erreichen wir eine Höhe von etwa 5.600 m, wo wir unser Höhenlager aufbauen. Wir haben beide für heute genug. Es ist relativ warm, also sitzen wir vor dem Zelt und betrachten das unglaubliche Panorama des Himalayas. Cho Oyu, Everest, Jasemba, Nangpai Gosum… zum Greifen nahe. Nur die Bedingungen…. die Wände trocken, nur lauter hartes Eis, keine Spur von Firn. Auf den Felsen wieder nur loser Pulverschnee, auf dem man nicht klettern kann. All die Dinge, mit denen wir uns auch in unserem Weg auseinandersetzen müssen. Unsere Blicke wenden sich der Gipfelwand zu, die zwar schon bestiegen wurde, jedoch unter absolut anderen Bedingungen. Da können wir uns auf was freuen. Morgen erwartet uns hartes Mixed-Klettern, und das ist noch lange nicht alles.

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Das Gelände ist jetzt zum Glück steiler und es liegt weniger Schnee. Die Kletterei ist aber ekelhaft. Der Schnee bietet überhaupt keinen Halt und die Waden brennen geradezu auf dem harten spröden Eis. Wir beten, dass wir endlich am Grat ankommen. Der Gipfel scheint zum Greifen nahe, es erwarten uns nun jedoch mehrere harte Mixed-Längen. Der verflixte lose Schnee macht alles schwieriger, er hat alle Verschneidungen und Platten überdeckt. Ich setze einen Haken und mache das Gelände über mir sauber. Ich setze noch einen und so geht es immer weiter. Ich kann nicht allzu weit vom Haken wegklettern, weil ich mich vor einem eventuellen Sturz fürchte, wenn ich nicht weiß, auf was ich klettere. Banán ist in etwas besserer Form. Er ist ein harter Kerl! 

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Es ist gerade Mittag, als es nicht mehr weiter nach oben geht! Uff, wir haben es geschafft. Im Gegensatz zu Banán habe ich nicht einmal mehr gehofft, dass wir bis zum Gipfel kommen würden. So bin ich im Himalaya noch nicht geklettert… die Bedingungen sind einfach entscheidend. Wir schießen ein paar Fotos und machen uns schnell an den Abstieg. Wir möchten noch heute den Bergfuß erreichen. Das Wetter schlägt um und es beginnt zu schneien. Wir seilen den Grat ab, bis in den Bereich, wo das Eis anfängt. Wir halten uns nicht groß auf und lassen einige Schlingen und Haken an den Standplätzen zurück… hoffentlich reicht uns das Material bis runter… Ich leiere unentwegt etwas von wegen viel zu langsam und so. Ich fange auch schon zu spinnen an, ich sollte das Führen besser sein lassen. Doch im Gegenteil, es läuft alles wie geschmiert. Wahrscheinlich bin ich wirklich verrückt geworden!! Ich seile 60 Meter ab, setze eine Eisschraube, bohre einen Abalakov-Stand, ziehe die Schlinge durch und schon ist Banán da. Er fädelt das Seil durch und zieht es ab… so wiederholt sich das Ganze unendlich oft bis runter auf den Gletscher. Wir haben fast nicht bemerkt, dass es rapide warm geworden ist. Unter der diffusen Wolkenschicht kann man kaum atmen… und wir müssen wieder an die Lawinen denken… uff! Wir machen uns so schnell wir nur können vom Acker. Banán bindet sich ein und wirft die Hälfte des Seils in den Rucksack. Ich habe das zweite 60-m-Seil im Rucksack, für den Rettungsfall. Jetzt macht sich wiederum Banán fast in die Hosen… WUMM!!!, hallt es um uns herum… ich rufe ihm etwas zu, wo er lang soll und so. Wenn es allerdings abrutschen sollte, wäre das wohl egal….

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Kurz darauf haben wir die Sicherheit unseres Zeltes erreicht. Wir halten uns nicht groß auf und packen schnell alles zusammen. Wir wollen noch heute den Normalweg über die Südseite des Berges runterkommen. Wir können uns relativ gut orientieren und steigen und seilen abwechselnd am Gletscherrand zum Bergfuß ab. Auch damit geben wir uns noch nicht zufrieden. Wir stopfen das Kletterzeug in die Rucksäcke und machen uns abermals an den Abstieg. Diesmal bis in die Zivilisation. Dranang erreichen wir bei Dämmerung. War das ein Tag…. Am nächsten Abend treffen wir bereits Tráva und seine Gruppe in Namche Bazar. Hier sieht es aus wie in einem Lazarett. Die meisten sind genauso wie ich krank, und nach Tschechien fliegt letztendlich nur die Hälfte von uns. Der Rest ist Covid positiv… die Zeit ist offensichtlich noch nicht reif für Ausflüge … 

Den Weg mit dem Namen „Adolfs Himmelsquergang“ (Ádův nebeský traverz) TD+ widmen wir dem ehemaligen Leiter der Bergwacht des Riesengebirges und Banáns Onkel Adolf Klepš (12.9.1964 - 10.10.2017). Ehre seinem Andenken!


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